Zum Abschluss der Theatertage wurden die Preise vergeben. Den von der OEW gestifteten Preis der Jury ging an drei Theatergruppen: Für die "Spurensuche" wurde die Mittelstufengruppe des Ernst-Mach-Gymnasiums Haar (Bayern) von der Jury ausgezeichnet. Für die "Odyssee - des Lebens" ging der Preis an das Ensemble des Deutschordenmuseums Bad Mergentheim. Die Schweizer Gruppe Die Schatulle aus Volketswil errang für "Runter zum Fluss" die gleichwertige Würdigung.
Das Publikum (mit Dauerpass) konnte erstmals abstimmen und zeichnete die Clowngruppe aus Santiago in Chile Collectivo Racún aus.
Erstes Foto von der Preisverleihung, dann in der Reihe der Nennung der Stücke. Fotograf: Paul Silberberg
Die Laudatio der Jury 2019
35. Theatertage am See • Amateurtheaterpreis 2019
Für die 35. Theatertage am See durften wir uns über zwei Neuerungen freuen. Die Oberschwäbischen Elektrizitätswerke haben sich bereit erklärt, für den Preis der Jury ein jährliches Preisgeld von 5000 € zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus kann ab jetzt durch eine Privatspende von René Jäger und Regina Pohle aus Dresden auch ein mit 500 € dotierter Publikumspreis vergeben werden. Für diesen stimmen die Zuschauer/innen des Festivals über die beliebteste Produktion ab. Gewählt wurde 2019 das Collectivo Racún aus Chile. Dieses junge, sympathische Ensemble bezauberte das Publikum mit einer schwungvollen Mischung aus Akrobatik, Clownerie, Humor, Improvisation und eindrücklichen theatralen Bildern.
Die internationale Fachjury zeichnet drei Produktionen des Festivals aus, die, so unterschiedlich sie sind, dennoch eines gemeinsam haben: Alle schauen gewissermaßen wie durch eine Lupe sehr genau auf Ausschnitte des Lebens, lenken unseren Blick dahinter aber auf große, existentielle Fragen.
Mit jeweils 2000 € werden die Stücke "Spurensuche" von Schüler/innen der Mittelschule bzw. des Ernst-Mach-Gymnasiums aus Haar bei München und "Odyssee - des Lebens" vom Ensemble des Deutschordenmuseums aus Bad Mergentheim ausgezeichnet. "Mut" war das Festivalmotto, und dieses sahen wir hier auf vielen Ebenen wunderbar umgesetzt. Beide Produtionen beziehen Stellung, mischen sich ein, haben Mut zu schwierigen Themen, suchen mutig innovative Darstellungsformen und die Erweiterung ästhetischer Stilmittel, bringen das Publikum immer wieder in Bewegung, und das ganz im wörtlichen Sinn. Sehr geschickt verbindet die "Odyssee - des Lebens" den großen antiken Stoff über eine lange Irrfahrt mit hochaktuellen Themen wie Migration, Krieg, Flucht und Vertreibung. Folgerichtig als Stationentheater konzipiert, kann sich das Publikum nie bequem im Sessel zurücklehnen. Hier geht man mit auf die Reise, körperlich wie emotional. Für die "Spurensuche" haben Schüler/innen aus Haar ein dunkles Kapitel der Vergangenheit des eigenen Ortes nach intensiven Recherchen zu einem Theaterprojekt verarbeitet. Im psychiatrischen Klinikum Haar wurden während der NS-Zeit unzählige Patientinnen und Patienten als sogenannte "Euthanasie" gezielt ermordet. Mit einfachen, aber wirksamen Mitteln entstand eine dichte und berührende Inszenierung. Wir gratulieren zwei beeindruckenden Ensembles zu ihrer großartigen Leistung!
Mit 1000 € prämiert die Jury das Stück "Runter zum Fluss " des Theaters "Die Schatulle" aus Volketswil in der Schweiz. Vordergründig eine Komödie über zwei höchst ungleiche Menschen, die auf einem Campingplatz unfreiwillig erst zu Schicksals- und dann zu Zeltgenossen werden. Doch hinter Scherz, Satire und Ironie steckt auch tiefere Bedeutung, verstärkt durch die kluge dramaturgische Bearbeitung des Textes und die sensible Regie. Hier geht es auch um die Befreiung von sinnlosen Zwängen, die Bejahung des Lebens und ein gutes Miteinander. Nicht nur die beiden Protagonisten nähern sich einander an, ebenso verbindet die Inszenierung Humor und Tiefgang, Präzision und Lockerheit. Wir waren vom Auge für kleinste Details so beeindruckt wie vom schauspielerischen Können.
Friedrichshafen, 14. März 2019
Für die Jury Dr. Christoph Daigl